Aus dem Familienalbum

Geht es Euch auch so? Wenn ein altes Familienalbum ausgepackt wird, schaue ich zwar auch auf die Personen, aber verschärft nach Bildern von Autos. So geschehen einmal wieder letzte Woche bei einer Familienzusammenkunft, als ein Großcousin die Hochzeitsfotos meiner Eltern sehen wollte. Und was finde ich? Das einzige mir bekannt Foto des ersten Käfers meines Vaters. Aufgenommen 1969.

VW Käfer

Der Knilch vorne vor meinem Vater ist mein großer Bruder und nicht ich. Wem der Typ 3 im Hintergrund gehörte, ist nicht mehr bekannt.

Meine Eltern konnten sich damals noch keinen Neuwagen leisten, der Wagen kostete damals wirklich Kleingeld. Es war eigentlich ein Brezelfensterkäfer, aber ein Vorbesitzer hatte den Mittelsteg entfernt. Das machte man damals eben so, um den Wagen moderner erscheinen zu lassen. Heute ein NoGo.

Ich kenne so ein paar Geschichten um den Wagen. So richtig gut war er technisch nicht mehr. Und damals war vieles anders als heute. Kein Handy, keine ADAC Mitgliedschaft und so richtig Vertrauen hatte mein Vater nicht in den Wagen. Deshalb gaben sie vor der Abfahrt zur ca. 200km weit weg wohnenden Verwandtschaft die Strecke durch, die sie fahren würden, damit, falls sie lange überfällig sein sollten, jemand zur Hilfe entgegenfahren könnte. Es ging meines Wissens aber immer gut.

Schön auch die Story beim TÜV: Der reklamierte, dass die Stoßstangen zu weit abstehen würden. Damals war der TÜV konkurrenzlos, der Graukittel war die einzige Alternative, an der man vorbei musste. Mein Vater ist kein Schrauber und fuhr mit dem Auto zum VW Händler. Der löste das schwer zu verstehende Problem pragmatisch: Er fuhr mit dem Wagen rückwärts an eine Mauer und bog die heute mit Gold aufgewogenen Sickenstoßstangen einfach etwas ans Fahrzeug.

Der Wagen ist inzwischen schon viele Jahre verschrottet.

Nach einem oder zwei weiteren Käfern kaufte sich mein Vater einen neuen VW 411 Variant sehr zum Ärger meiner Großeltern. Die fanden damals, dass man als Privatmann keinen Kombi fährt. Was sollen die Nachbarn denken? Einen Kombi fährt nur ein Handwerker, der Metzger etc. Heute kaum noch vorstellbar. Aber das war eine andere Generation. Mein Opa war auch wahnsinnig stolz auf mich, als ich mit meinem ersten Benz vorfuhr. Das war damals ein W123, den ich für 2.000,- DM gekauft hatte. Das war etwas Besonderes. Dass der neue Passat, den mein Vater damals fuhr, weit über das zehnfache gekostet hatte, war egal. Wer einen Mercedes fährt, hat es eben geschafft…

Nach dem 411 kam dann endlich der erste Passat.

Passat 32

Auch von dem kenne ich nur dieses eine Foto. Jedes Foto kostete eben Geld und meine Eltern hatten andere Prioritäten, als das eigene Auto zu fotografieren. Auf dem Bild stand er eher zufällig im Hintergrund.

Das Passat Chrommodell war nicht lange in der Familie. Er fiel einem Unfall zum Opfer. Mein Vater wog die Reparaturkosten ab, die die Vollkasko bezahlt hätte und entschied sich dafür, den Unfallwagen in Zahlung zu geben und einen Neuwagen zu nehmen. Schade eigentlich. Denn das Chrommodellfinde ich heute deutlich cooler. Damals waren aber eben Plastikstoßstangen moderner und man war stolz, den als Neuwagen zu fahren.

8 thoughts on “Aus dem Familienalbum

  1. Zehnfach, nicht zwanzigfach. DM 20.000,- bekamst schneller zusammen bei einem Neuwagen damals als einem lieb war.
    Listenpreis meines damaligen CL-Variant mit CY-Turbodiesel mit ein paar Extras (ZV z.B.) warst prompt bei DM 18.000,- und ein paar Zerquetschte.
    1998 hat ein Fenster-Transporter T4 schon in Brot-und-Butter (keine Sitze hinten, nur 3er Bank vorn) gute DM 49.000,- gekostet.

  2. Das zehnfacxh hab ich korrigiert, ursprünglich stand da zwanzigfach.
    Wenn ich mich recht erinnere, hatte mein Vater damals einen 35i, oder sogar schon den Nachfolger…

  3. Schönes Auto, der Passat. Könnte marinogelb sein, oder? Mein Vater fuhr damals einen marsroten Passat GLS mit Chromstangen. Mir gefiel das Auto sau gut, er hatte 85PS, beigebraune Kunstlederausstattung und einen Drehzahlmesser! Der Passat fiel keinem Unfall, wohl aber den im Zeitraffer auftretendem Rost zum Opfer. Wenn ichs noch recht weiß war der gute gerade mal 7 oder 8 Jahre alt und da mussten schon erhebliche Schweißarbeiten durchgeführt werden, ausserdem waren die vorderen Kotflügel durch. Ansonsten ein cooles Auto!

  4. Der Passat ist ein Grundmodell, erkennbar an fehlenden Seiten- und Heckzierleisten, aber noch mit Zierleisten im Scheibengummi, also Modell 75.
    Diese alten Fotos sind super. Sehr schön an dem Winterbild zu sehen: Jeder hatte die vor der großflächigen Einführung heizbarer Heckscheiben üblichen aufgeklebten Heizdrahtfolien in der Heckscheibe. Beim Käfer passend in oval.
    Gruß Philip

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