Blogparade: Mein erster Führerschein

Führerschein

Marc Höttemann hat aufgerufen zur Blogparade “Mein erster Führerschein”. Ich fand die Idee lustig und deshalb erinnere auch ich mich einmal daran, wie das alles angefangen hatte…

Aufgewachsen bin ich in einer Kleinstadt am Arsch der Welt. Quasi schon Dorfjugend. Ich bekenne mich zu meiner oberfränkischen Heimat, ist eine tolle Gegend. Ich fahr da immer gerne wieder zurück, auch wenn ich inzwischen ebenfalls stolzer Wahlmainzer bin.

In meinem Freundeskreis hatte kaum einer ein Mofa, eine 80er, was das Höchste damals mit 16 war, hatte keiner eine von uns. Ich hätte gerne eine gehabt, aber mir fehlte das Geld, meinen Eltern das Verständnis. Dafür versprachen sie mir, wenn ich 18 werde, bezahlen sie mir den heißersehnten Lappen. Voraussetzung auch hier: Nur wenn ich keinen Motorradführerschein mache. Sie kannten eben ihren Draufgänger von Sohn. Erschwerend kam hinzu, dass die Schwester meiner Mutter in der chirurgischen Ambulanz arbeitete und Horrorgeschichten berichten konnte von Mopedfahrern, die sie von der Leitplanke abgekratzt haben.

Also fuhr ich wie alle anderen einfach Fahrrad, wobei meine Räder, ich hatte mehrere, anders aussahen, als die der anderen. Mein Lieblingsfahrrad aus Teilen vom Sperrmüll hatte hinten ein Rad von einem Klapprad, einen Rahmen von einem Herrenrad und vorne ein 18 Zoll Rad. Unvergessen auch das Rennrad mit 24 Gängen und 3 Schalthebeln: Hinten 6 Zahnräder, am Tretlager 2 und im Hinterrad zudem eine Nabenschaltung. Genutzt hat man davon maximal 3-4 Gänge, aber rein theoretisch…

Schon vor meinem 18. Geburtstag kaufte ich mein erstes Fahrzeug. Pannenkönig #1: Meinen Fiat Panda. Der Wagen stammte von einer Tante und auf dem Rückweg von einem Familientreffen nahmen wir ihn mit. Meine Mutter fuhr.

Was ist das grausam: Der Wagen steht vor der Tür, aber man darf nicht. Ich war weder 18 noch hatte ich den Lappen. Dieses wundervolle Stück hässlich rosarotes Papier, das das Tor zur Welt öffnete. Und ich bekam den Lappen auch nicht direkt zum Geburtstag. Mein Fahrlehrer – so kam es mir jedenfalls damals vor – hat Fahrstunden geschunden und mich einfach nicht zur Prüfung zugelassen. Was hatte ich einen Hals. Noch ne Stunde – jetzt aber, oder? Nein, Du bist noch nicht so weit.

Der Tag der Prüfung kam. Keinen Fehler bei der Theorie, die praktische Prüfung kam und begann super. Die Fahrschülerin vor mir kam genau bis zur ersten Ampel und hatte aus Nervosität den Rückwärtsgang eingelegt. Ende Gelände, bevor es überhaupt losging. Auf der Rückfahrt steuerte der Fahrlehrer das Auto vom Beifahrersitz aus. Ich hatte mehr Glück. Alles auf das km/h genau, rückwärts passend in die Lücke. Der Prüfer setzte seine Unterschrift.

Klar, dass gleich am Abend in die nächstgrößere Stadt gefahren werden musste mit vollbeladenem Panda. Unter heftigstem Protest meines Vaters. Der Fahrersitz ging nicht weit genug nach hinten, also hatte ich den Anschlag einfach herausgeklopft, damit der Sitz weiter nach hinten ging. Natürlich rastete er so nicht ein. Sturkopf und jugendlicher Leichtsinn setzt sich gegen die elterlichen Bedenken durch. Natürlich bin ich gefahren. Ist glücklicherweise auch gut gegangen.

Ab da stand die Welt offen. Fast mein komplettes soziales Umfeld änderte sich – ich bin mobil! Im heimatlichen Kaff weggehen? Hey, ich hab einen Führerschein! Das machen nur die Looser, die noch keinen Lappen haben. Ganz ehrlich? Ich hätte genauso im Ort weggehen können. Viel besser oder schlechter war es da draußen auch nicht. Aber das habe ich erst in der Retrospektive kapiert.

Und ich war der König in meiner Clique. Dank einer Ehrenrunde in der 8. Klasse war ich einer der ältesten der Klasse und somit einer der wenigen mit Führerschein. Und dazu noch mit eigenem Auto, das man immer hatte und nicht nur den Wagen von Vattern, den man nur dann bekam, wenn der ihn nicht brauchte. In meinem Kofferraum wurden die Bierfässer für legendäre Partys transportiert, ich war der Pilot bei den besten Ausflügen in dieser Zeit… Um mich kam man einfach nicht drumrum, wenn man bei den Coolen dabei sein wollte, auch wenn das Auto alles andere als cool war.

Ich habe bis heute einen rosa Lappen, leider nicht mehr den ursprünglichen, der wurde mit 1994 zusammen mit meinem Geldbeutel schlichtweg geklaut. Ich finde das Bild im “neuen” auch nicht so prickelnd, aber das im ersten war brutal. Aber Führerscheinbilder müssen grausam sein. Denn das zeigt uns: Es war eine wirklich geile Zeit, damals als wir 18 waren. Ich will die Zeit nicht missen – aber nochmal 18 sein? Ne, danke, bitte nicht. Manches ist einfach besser, wenn man es sich in der Erinnerung schön redet 😉

10 thoughts on “Blogparade: Mein erster Führerschein

  1. Las sich (fast) wie ein Dejavu:

    ich wiederholte die 7te, fuhr auch bis zum 18. Fahrrad bzw. ÖPV, mein erstes Auto, auch aus der erweiterten Familie und natürlich auch ein FehlerhaftInAllenTeilen, aber noch kleiner: ein 126, in dem ich auch die Sitzschienen umkloppen musste, dabei bin ich unter 2m.

    Der stand auch schon vor Aushändigung vorm, ne unterm Haus, in der Tiefgarage, wo ich ihn auch mal ausprobieren wollte und prompt rückwärts an die Wand setzte. Golf 2-Bremsen waren halt wirksamer, war halt mein Fahrschulauto.

    Auch mein Lappen is rosa, aber auch nich mehr der Erste.
    Allerdings hab ich nen Neuen gebraucht, weil ich dann doch noch den 1er gemacht hab.

  2. Kann sich einer von Euch vorstellen, seinen Führerschein erst nach seinem 25.Geburtstag bekommen zu haben?
    Und auch noch aus eigener Entscheidung? Undenkbar, oder?
    Das kann nur einer Großstadtpflanze passieren. Einer wir mir.
    Mein Führerschein ist Plastik, aber dennoch ein kleines Kuriosum: Er wurde in der Übergangszeit 1999 ausgestellt, einer der letzten “Klasse 3”, und die dazu gehörigen Berechtigungen stehen in den heute üblichen Buchstaben drauf. Das liest sich dann “BE C1E”.

  3. Ich hätte gerne noch den grauen Führerschein genommen. Meinen Führerschein habe ich Mai 1986 gemacht, da wurde kurz vorher der rosane eingeführt.

  4. Stichtag für rosa war der 01.05.1986, deshalb hatte ich noch einen grauen 1b.
    @opatios: Vernünftig den Schein erst mit 25 zu machen, die meisten Unfälle passieren in den ersten 5 Jahren, also von 18 bis 23;-))))))))

  5. Boah, was für Zeiten!
    Mit der “Ehrenrunde” scheine ich ja hier in guter Gesellschaft zu sein, ich machte die siebte auch doppelt. Und die zehnte noch umsonst…
    Ich habe meinen originalen grauen Lappen noch irgendwo. Natürlich entwertet, da ich ihn freiwillig gegen das rosa Pendant tauschte. Ich fand den neuen einfach nicht so unpraktisch.
    Fahrzeuge? 80er durfte ich auch nicht, aber Mofa. Und von denen hatte ich dann auch mehrere. Mit dem ersten, einer Piaggio Bravo, hatte ich mich im Pseudo-Gelände auf’s Maul gelegt – krumm. Mein letztes, eine Kreidler Flory MF23, habe ich heute noch. Dazwischen gab es mehrere Verbrauchsmofas.
    Als erstes Auto hatte ich dann einen Passat 32 LX Chrommodell. Und der ist bei mir in der Garage am wiederauferstehen.

    Adios
    Michael

  6. Die Führerscheine waren noch schöne 😉 Ich bin ehrlich gesagt kein großer “Fan” von diesen EC Karten großen Führerscheinen und Ausweisen, durch die ganzen Punktekarten etc. geht hier doch irgendwie der Überblick verloren… Bei meinem ersten Führerscheinfoto trug ich übrigens Dauerwelle 😉

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