Zweiklassengesellschaft Techno Classica

TC

Die Techno Classica 2015 ist vorbei, Zeit ein wenig darüber nachzudenken, was da so alles geboten wurde.

Ich gebe offen und ehrlich zu: Ich bin dieses Jahr kaum zum Herumlaufen auf der Messe gekommen. Ein meinungsspaltendes Fahrzeug am eigenen Clubstand stehen zu haben – da geht man sehr ungerne vom Stand weg. Zu viele interessante, lustige, verwunderte Gespräche. Man stellt schließlich ein Auto aus, um im Feedback zu baden. Es ist einfach sehr motivierend, wenn andere die eigene Leistung anerkennen.

Anders ausgedrückt: Wir hatten Spaß an unserem Clubstand und wir sind auch dankbar, dass uns die Möglichkeit gegeben wurde auszustellen.

Aber es steht in den Sternen, wie es mit der Clublandschaft auf der TC weitergeht. 2016 werden wohl die zweigeschossigen Messehallen in Essen abgerissen und durch einstöckige ersetzt. Der Großteil der Clubs hat aber seine Stände in den Obergeschossen. Ob der Neubau die gleiche Grundfläche bringen wird, wie sie jetzt vorhanden ist, kann man anzweifeln. Natürlich hoffen wir auf ein Wunder, hat uns doch die diesjährige Techno Classica etwas gelehrt: Wenn es darum geht, Geld zu verdienen, dann stehen die Clubs ganz hinten an.

Die Kellerhalle 1A war bisher immer die unbeliebteste Halle – und für einige Besucher aber auch die interessanteste. Dort standen die Clubs, für die wo anders kein Platz mehr war, vor allem aber die Clubs, die sich um den Erhalt von US Klassikern gekümmert haben. In der Mitte der große Stand des Street Magazines, drumrum die Einzelclubs. Die Halle 1A hat aber einen entscheidenden Nachteil: Die Abgänge in die Halle sind schwer zu finden, deshalb laufen viele Besucher durch die Messe, ohne dass es ihnen auffällt, dass sie die Halle übersehen haben. Dieses Jahr beschloss die SIHA, Veranstalter der Techno Classica, diese Halle zur reinen Autoverkaufshalle zu machen. Eigentlich eine gute Sache: Wer ein Fahrzeug zum Kauf sucht, bekommt ein kompakt zusammengestelltes Angebot und die Clubs sind aus der Halle 1A, die schwer zu finden ist, raus. Allerdings waren sie nicht nur aus der Halle 1A raus, sie waren komplett raus. Bis auf den Stand des Street Magazines und den eines Ford Mustang Clubs war keiner mehr vertreten. Es ging das Gerücht um, dass diese ausgeladen wurden. Das ist nicht ganz richtig. Dafür hätten sie eine Bestätigung haben müssen. Ihre Clubstandbewerbungen wurden abgelehnt. Und das leider sehr ungeschickt erst kurz vor der Messe, als einige schon tief in der Standplanung waren und teilweise schon Aufbauten gebaut hatten, Material dafür gekauft hatten etc.

Die Zusagen für die Clubstände kommen immer sehr kurzfristig vor der Messe und ich gebe zu, auch wir planen unseren Clubstand schon lange vorher. Manche Ideen entwickelt und realisiert man eben nicht zwischen 12 Uhr und Mittag. In dem Fall hätte man zumindest so diplomatisch von der SIHA sein können und schon im Vorfeld ankündigen an die betroffenen Clubs, dass eine Umplanung der Halle 1A ansteht und die Zusage mehr als unsicher sein wird.

Ich habe von einigen Scenegrößen gehört, dass sie wegen den fehlenden US Clubs und vor allem der Art der Absage aus Protest von der Messe fern geblieben sind. Und ich rede durchaus von fernsehbekannten Personen.

Ich hoffe, der Veranstalter hält sich daran, was immer so schön bei der Preisverleihung des Clubstandwettbewerbs betont wird. Da heißt es immer, dass die Clubs ein wichtiger Stützpfeiler der Messe wären. Bitte, liebe SIHA sägt den nicht um! In vielen Gesprächen mit Besuchern habe ich immer wieder gehört: Wären die Clubstände nicht, sie würden nicht mehr kommen, weil der Rest der Messe inzwischen zu abgehoben ist und sich der Privatschrauber, der sich am Wochenende sein persönliches Schätzchen wieder zurechtschweißt, nicht mehr wieder findet.

Beabsichtigt oder unbeabsichtigt: Die Wertschätzung der Clubs und kleinen Teilehändler bekamen wir am Ausstellerabend zu spüren. Bei diesem Abend werden pro Stand 2 Personen eingeladen zum Buffet und Livemusik. Jeder muss seine Einladung vorzeigen und wird dann eingelassen, um in der Feier Arena noch einmal an ein Absperrband zu kommen. Hinter dem Absperrband war das Buffet aufgebaut. Eine elitäre Menge war bereits hinter dieser Absperrung, für sie wurde das Buffet zuerst eröffnet. Erst als diese bedient waren, durfte das “Fußvolk” ans Buffet.

Natürlich kann man das so argumentieren, dass man Stau am Buffet vermeiden wollte, aber ich kam mir in der Schlange vor wie ein Mensch zweiter Klasse, der essen darf, was die anderen übrig gelassen haben. Zur Ehrenrettung muss man sagen: Es war natürlich noch genug da am Buffet und es wurde auch nachgelegt.

Was gab es sonst noch auf der Techno Classica? Einige Automarken haben einen starken Auftritt hingelegt, den es sich sicherlich gelohnt hätte, anzusehen, wenn ich vom Stand weggekommen wäre. Beispiel ist die Feuer des 50jährigen Jubiläums des Opel GT – im Vorbeigehen habe ich das Modell fotografiert, das den Vergleich zwischen Studie und Serienmodell sehr schön im Maßstab 1:1 demonstriert:

Opel GT

Zum SEHEN war die Techno Classica sicherlich wieder eine gelungene Messe – zum KAUFEN nach Aussagen vieler wohl eher nicht. Die Preise der Fahrzeuge sind teilweise so abgehoben, dass es mit der Realität nichts mehr zu tun hat. Und wenn es einen Schnapper gibt, dann gibt es ihn nicht lange. Ich habe aus mehreren Quellen gehört, dass Händler günstige Autos auf der Messe kaufen und gleich wieder mit Aufschlag anbieten. Teilweise bewegen sich dafür die Fahrzeuge keinen Millimeter nur das Preisschild wird ausgetauscht. Das Problem dabei: Es gibt offenbar noch genug Leute, die völlig unwissend von reellen Marktpreisen trotzdem zuschlagen. Das Geld sitzt locker.

Mir fällt immer wieder die Kinnlade herunter, wenn ich Geschichten höre, wie die von einem Stand der 2 Porsche 911 stehen hatte. Beide je zu einem Preis von 160.000,- Euro. Der Käufer fragt, ob der Paketpreis von 300.000,- Euro in Ordnung wäre und als man sich darauf geeinigt hat, knallt er den Kaufpreis in bar(!) auf den Tisch. Seine Begründung für den Kauf: Der eine ist weiß, der andere rot. Er ist Pole und das passt wunderbar zu seiner Landesfahne.

Das hat mit unserer Art das Oldtimerhobby auszuleben nichts gemein.

Klar, eine Messe ist ein Wirtschaftsunternehmen, für das zählt, was letztendlich unten auf der Bilanz steht. Trotzdem wäre es schön, wenn es langsam wieder zu einer Trendwende kommt. Ein wenig weniger Spekulation mit Oldtimern als Anlageobjekt (viele Autos gingen dieses Jahr Gerüchten zufolge nach Griechenland) und ein wenig mehr Faszination, was mit eigenen Händen, dem Sonnenbrand vom Schweißen und dem Sparen auf den Doppelvergaser wieder auf die Gasse gekommen ist.

 

10 thoughts on “Zweiklassengesellschaft Techno Classica

  1. Moin,
    der “Pole” wird am nächsten Stand vielleicht noch einen blauen Porsche dazugekauft,ebenfalls bar bezahlt und die “Landesfahne” inzwischen längst mit erheblichem Aufschlag irgendeinem Oligarchen übergeben haben.
    Das Geld sitzt nicht locker, es ist zur Zeit billig zu haben, “nichts” wert und da Scheisse bekanntlich immer auf einen Haufen fällt, bei Einigen im Überfluss vorhanden. Das war immer so und wird immer so bleiben. Davon lassen wir uns unsere Hobbies doch nicht kaputtmachen.
    Die “Szene” wird sich ihre Nischen suchen bzw. schaffen und die Techno Investica findet vielleicht bald in der Villa Hügel statt- ohne ungeladenen Pöbel 😉

  2. Deine Einschätzung deckt sich 1:1 mit meiner, die RETRO CLASSICS in Stuttgart betreffend – meine Hoffnungen liegen nun ganz bei der KLASSIKWELT BODENSEE, vielleicht schafft diese es, ein wenig “Schraubernäher” zu bleiben…

  3. Sehr gut geschrieben und auch mein Empfinden perfekt auf den Punkt gebracht. Ich fand es mal schön, Fahrzeuge zu sehen, mit denen ich als Kind als Matchbox gespielt hab. Die Preise (für so ziemlich alles was da rum stand) sind allerdings nicht mehr erklärbar. Und so rückt auch der Traum vom Traumwagen etwas weiter weg. Wer nicht gerade die Mittel und Möglichkeiten besitzt um etwas selbst zu schaffen wir wohl weiter sparen müssen…

  4. Ums mal mit Helmut Kohl zu sagen:

    “Was wollt Ihr denn, Ihr Pöbel?”

    Das mit der Zwei-, wenn nicht sogar schon Drei-Klassen-Gesellschaft is doch allgemein schon so gut wie geritzt – nicht nur bei der TC.

    Leute, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld, sind doch die Eliten, die Leistungsträger, die man gefälligst zu bewundern hat.
    Das sind die Leute, für die Politik gemacht wird, nicht für Euch/uns kleine Puper. Ihr dürft/wir dürfen die lobbyhörigen Politiker wählen und ne Weile dürft Ihr auch noch Autofahren. Aber gleubt nicht, daß das ewig so bleibt.
    Irgendwann wird das wieder ein Prestige der Reichen sein, so wie vor gut 100 Jahren.
    Ihr dürft Euch dann am Car-Sharing beteiligen oder Zug fahren, ne eigene Karre wird dann unbezahlbar sein, alles was nicht als Spekulationsobjekt taugt, wird dann zwangsverschrottet, damit die andern Karren im Wert noch zulegen…

    Ach, ich reg mich schon wieder auf!

  5. Da es dieses Jahr leider in Essen mit Oldtimern auf Zollverein ziemlich mau aussieht (http://www.oldtimertreff-zollverein.de/), haben wir uns nochmal auf die TC begeben. Wir fahren nur noch alle zwei Jahre zur Messe und schauen uns dann immer wieder kopfschüttelnd kaputte Fensterdichtungen am T1 für 60T€ an.

    Zumindest aber der Stand vom Fusselforum ist immer einen Besuch wert. Den Herrn Kaffeelöffel Experten haben wir sogar beim Stand von Werk34 getroffen und die Story mit den Griechen auch mitbekommen 😉

  6. Wieso Linden?
    Was 30 Jahre alt ist, ist ein Oldtimer. Punkt.

    Oder muss der Produktionsort zwangsläufig Stuttgart oder München lauten bei Oldtimern? Oder was is das Kriterium?
    Definiere bitte Oldtimer.

  7. @egalkarl
    Herr “Linden” will garnicht diskutieren. Herr “Linden” hat vermutlich nicht einmal den Text des Blogeintrags gelesen. Herr “Linden” wollte nur einen Link unter seinem Namen platzieren. Das macht er unter wechselndem Namen seit Monaten immer und immer wieder, um für Autoankaufseiten zu werben. Und ich lösche normal konsequent all seine Kommentare weil zu ofensichtlich einfach nur SPAM. In dem Fall warst Du schneller mit Deiner Antwort und ich habe “nur” die verlinkte URL gelöscht. Denn die Kommentarfunktion ist nicht dafür da, hier seine Internetadressen bei Google zu puschen.

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