Familienalbum

Es gibt inzwischen gefühlt Milliarden Fotos von meinen Autos. Digitalkameras, Handys – digitale Bilder kosten heute ja nix mehr. Da kann man schon mal von nem ausgefallenem Auto am Straßenrand, auf der Autobahn etc. ein Bild schießen. Das Bild zeigt man dann auf dem Handy, teilt es auf Facebook, oder löscht es einfach irgendwann wieder…

Ich habe einmal nachgesehen, ich habe derzeit in meinem Bilderordner auf der Festplatte meines Rechners 96,2 GB Daten, 167.038 Dateien. Ab und an frage ich mich, was mit all den Bildern passiert, wenn ich einmal nicht mehr bin und ob wirklich ewig Bilder von mir und meinen Autos durchs Internet geistern werden…

Früher war das anders. Da kostete jedes Bild Geld. Da überlegte man sich 2x ob man den Auslöser drückte. Nicht nur wegen dem Geld, sondern man musste auch immer daran denken, wieviel Material man dabei hatte. Auf so einen Film passten ja nur z.B. 24 Bilder. Ich kenne deshalb z.B. kein einziges Bild vom ersten Käfer meines Vaters. Das war eine Brezel, bei der einer der Vorbesitzer den Fenstersteg im Heckfenster entfernt hatte, um ihn optisch zu modernisieren. Er erzählt heute, dass sie damals bei längeren Verwandtschaftsbesuchen vorher telefonisch die genaue Fahrtstrecke durchgegeben haben, damit falls er zu lange überfällig war, die Verwandtschaft entgegenfahren konnte, um ihn zu bergen.

Meine beiden Großväter hatten nie ein Auto. Mein Opa mütterlicherseits stammt aus Schlesien war Bauer, Volksschullehrer und hatte eine Pferdedeckstation. Natürlich fuhr der ein Pferdegespann. Die Nachkriegswirren hat er nicht überlebt. Mein Opa väterlicherseits stammte aus Oberfranken und hatte ebenfalls kein Auto. Der war passionierter Radfahrer. Er hatte auch nie einen Führerschein.

Letztens haben wir eine familiäre Wohnungsauflösung gemacht. Dabei kam eine Kiste mit Fotos zum Vorschein. Alles Fotos, die ich noch nicht kannte von meinem Großonkel und meiner Großtante, der Schwester meiner Oma. Mit dabei: Drei Fotos mit den Käfern von meinem Großonkel. Das ist das älteste, der Käfer trägt noch das Kennzeichen der amerikanischen Zone Bayern. Meine Großtante steht neben dem Wagen:

Historisches Bild VW Käfer

Och, die hatten nur einen Käfer werden manche denken. Aber ganz ehrlich? Das war damals in der Zeit schon was Besonderes, wenn man sich überhaupt ein Auto leisten konnte. Und die Kennzeichen legen nahe, dass das ein damals neuer Käfer war oder ein junger Gebrauchter.

Die anderen zwei Fotos zeigen wohl den Nachfolgekäfer, dann schon mit Kennzeichen aus dem damaligen Landkreis Naila/Oberfranken.

Historisches Bild VW Käfer

Links meine Großtante, rechts meine Oma. Das zweite Bild zeigt meinen Großonkel, der die Käfer gefahren hat.

Historisches Bild VW Käfer

Den Landkreis Naila gibt es schon lange nicht mehr, die Kennzeichen gibt es inzwischen wieder und mein Vater und mein einer Neffe fahren inzwischen wieder mit den Platten herum.

Fragt sich, was passiert mit all den vielen Bildern aus der Kiste? Ich habe mir neben den Käferbildern ein paar andere Bilder herausgesucht. Ein Bild von der Konfirmation meiner Oma, ein paar Gemeinschaftsfotos, ein Bild vom Haus meines Uropas und ganz wichtig: Ich habe die Bilder auf der Rückseite beschriftet. Denn ich habe einige Bilder von Personen in meiner kleinen aber feinen Familienbildsammlung, von denen schon heute keiner mehr weiß, wer da abgebildet ist. Diese Bilder will ich irgendwann meinen Erben weitergeben als Erinnerung der Familiengeschichte.

Von den tausenden Digitalbildern sollte ich auch ein paar Papierauszüge machen. Nicht viele. Nur so ein paar, die vielleicht nachfolgende Generationen interessieren könnten. Vielleicht erinnert sich irgendwann auch mal ein Nachfahre meiner Familie einmal an mich, wenn er eines der Fotos in der Hand hat. Dass der dann darüber bloggt ist unwahrscheinlich. Keine Ahnung, welch Kommunikationsformen man in 50 oder 100 Jahren haben wird…

5 thoughts on “Familienalbum

  1. Boah ey KLE,

    ich fühle mich sau alt, wenn Du anfängst in der zukünftigen Vergangenheit zu reden.

    „…wenn ich einmal nicht mehr bin und ob wirklich ewig Bilder von mir …“

    Ich gehe jetzt und schreibe mein Testament!

  2. Schöne Bilder und Nachdenkliches über Vergänglichkeit schon vor C/Karfreitag, was mich aber garnicht runterzieht.

    Aus gerade gemachter Erfahrung: mit einer kleinen Auswahl Fotos ein Fotobuch mit kurzen Kommentaren über Personen und Orte machen, gleich in mehrfacher Ausführung, die restlichen Bilder scannen und retten (ja, Heidenarbeit ..). Wirklich nur soviel Bilder nehmen, daß man das Büchlein in fünf Minuten durchblättern kann, wer mehr will, nimmt die Archiv-DVD.
    Das Problem mit unbekannten Personen auf uralten Fotos kenne ich leider auch. Ich bringe es noch nicht fertig, die alten Sachen wegzuwerfen, irgendwie hoffe ich noch jemanden zu finden, der sie erkennen könnte und bei dem die Bilder gut aufgehoben wären.

    Also, alten „Kram“ retten und vor verwertungswütiger, aufräumsüchtiger Verwandtschaft retten. Sonst landet alles unwürdig im Sperrmüll auf der Straße.

  3. Das erste Auto meines Vaters war auch eine 47er Brezel auf Ovali umgerüstet…und ja auch ich habe das Bild verwahrt.Danach folgten dann einige Rekord,P1…P2…und ab dem B Rekord immer als 1,9 er Coupe.

  4. Moin KLE,
    schöne alte Bilder! Zu der Zeit war Mobilität noch „Abenteuer“ und eine große Tour etwas viel besondereres als heutzutage, wo man mit Navi, Handy, TDI und Fahrerassistenzsystemen auf der Autobahn schnell und ohne große Anstrengung Deutschland durchqueren kann…
    Letztes Jahr habe ich auch ein paar alte Bilder von meinem Großvater gefunden und gescannt. Ein paar davon sind über volkswagen-classic bei pinterest.de sichtbar:
    Klappt das hier mit Links?
    https://de.pinterest.com/pin/89227636345180754/
    https://de.pinterest.com/pin/89227636345383239/
    https://de.pinterest.com/pin/89227636344607604/
    Einen Teil der damals im K70 gefahrenen Route (per Schreibmaschine protokolliert 😉 ) bin ich vorletztes Jahr – 40 Jahre später – nachgefahren und konnte noch – ich schweife ab – im gleichen Wein- und Delikatessenladen in Südtirol einkaufen…

    4+5 zylindrige Grüße aus dem Solling, Klaus

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