Es war 1989. Der Panda war verreckt, ich war zum Fußgänger mutiert. Das ist auf dem Land der Overkill, weil wenn man abends etwas erleben will, muß man mobil sein. Ich brauchte ein Auto – irgendein Auto. Thomas, ein Kumpel aus meiner Stammdisse, hatte da etwas.
Thomas war sein Simmer BMW verreckt und er kaufte sich von einem Hinterhofschrauber einen VW Scirocco 1, Bj. 1978, den der gerade neu lackiert hatte, nach einem Motorschaden einen Motor aus einem Automatikfahrzeug eingebaut hat und frisch geTÜVt hatte. Thomas hatte nicht viel Spaß an dem Wagen. Vom 6zylinder auf einen Vierzylinder mit 85 Pferden “abzusteigen” viel ihm schwer. Maschine einfahren? Ach was – das ist nur ein Drecks-VW. Der Motor überlebte das nicht und quittierte den Dienst. Thomas hatte die Schnauze voll und besorgte sich wieder einen Simmer Beamer.
Der Wagen hatte noch 1,5 Jahre TÜV und Thomas meinte, wenn ich ihn haben wolle, könne ich ihn haben. Einfach so. Aber Motor hätte er keinen auftreiben können. Na da muß es doch eine Möglichkeit geben? Ich wußte, wo an einer Tankstelle ein abgemeldeter Scirocco stand. Angerufen und ja – könnte ich für nen Hunni haben. Das war ein 77er Scirocco ohne Papiere mit 70 oder 75PS. Weniger als “mein” Scirocco, aber scheiß drauf – einfach fahren. Kaum war der abgeholt, wurde mir ein anderer angeboten – diesmal mit richtiger Maschine. Der guten 1,6l Maschine mit dem Registervergaser mit 85PS. Ebenfalls für 100 DM – ich kaufte auch den. Den Einbau übernahm die Hinterhofwerkstatt, bei dem Thomas den Wagen gekauft hatte, als Kulanz. Man muß dazu sagen, daß Thomas sein Vermieter war. Im Nachhinein wäre es besser gewesen, den 2. Schlachter aufzubauen, der hatte eine deutlich bessere Substanz als mein Scirosto.
Als er halbwegs fahrfertig war, wurde er angemeldet. Ich bekam einen neuen Brief – der alte war vollgeschrieben mit 6 Vorbesitzern und hatte den Eintrag “Ersatz für Fahrzeugbrief Nr. Blablabla, Zahl der Vorbesitzer: 6”. Ich war also der 13. Halter eines 11 Jahre alten Autos. Und soviel kann ich schon jetzt verraten – ich war auch der letzte. Leider habe ich keine Bilder von dem Wagen, wie er ursprünglich war. Er war wirklich mies in Ferrari rot lackiert, hatte einen Frontspoiler und eine Abdeckung über den Lüftungsschlitzen und einen Frontspoiler. Sonst Serie.
Ein Kamerad beim Bund, der für den Bund bei einem Bosch Dienst beurlaubt war, baute mir einen anderen Verteiler ein, damit lief er dann auch.
Zu jener Zeit fiel die Mauer und am 12.11.1989 stand vor unserer Haustüre ein Konvoi von Ostautos. Der Cousin meiner Mutter war mit Frau und Kegelclub da. Insgesamt 4 Pärchen, teilweise mit Kindern. Keiner zu Hause, außer meinen Großeltern und mir. Was machen? Nun, ich entschied mich, den Besuch Bayreuth zu zeigen – 50km südlich meines Heimatortes. Und alle waren total begeistert von meinem “Sportwagen”. also machten wir es so: Ich lud alle Ehefrauen in den Scirosto und die Ehemänner fuhren hinterher. Dann auf die Autobahn, Pedal to the Metal, alles was rauszuholen war bis zum nächsten Parkplatz. Sitze wechseln – jede wollte einmal vorne sitzen, warten bis die zwei Trabbis, der Lada und der Wartburg aufgeholt hatten und dann wieder Vollgas bis zum nächsten Parkplatz. Immerhin lief der Wagen laut Tacho knapp über 190km/h – die Mädels waren nie vorher so schnell gefahren. In Bayreuth stiegen sie mit großen Augen aus und berichteten vollkommen aus dem Häuschen, daß sie fast ZWEIHUNDERT Sachen gefahren wären. Und sie konnten es nicht begreifen, daß ich den Wagen nach Ablauf des TÜV definitiv entsorgen würde. Denn ich war nicht blind. Der Verfall war weit fortgeschritten, nur der Lack eben relativ neu.
Die Türen begannen sich zu senken beim Öffnen, da die A-Säulen Kompost waren und hinteren Radkasten aus hätte man Bierflaschen in den Schweller schieben können. Die A-Säule habe ich notdürftig mit eingenieteten Blechen gestützt.
Das Bild vom Schweller ist übrigens der Zustand, als ich ihn bekommen habe – das Loch wurde mit der Zeit natürlich immer größer.
Auf der Heimfahrt vom Bund wurde mir dann klar, warum der Wagen so viele Vorbesitzer hatte – er brachte Unglück. Genervt bin ich im Stau immer nahe an den Vordermann aufgefahren, bis ich mich mit der Sohle an den Pedalen hängen blieb. BUMM! Und schon hatte ich einen Skoda auf einen Wartburg geschoben.
Das war nicht der einzige Unfall in dem Stau. Cool war der Polizist der das aufgenommen hat. Der war tierisch genervt von den vielen Unfällen.
Polizist: | “Junge, wenn Du einem hinten draufknallst, dann gibt das 3 Punkte und ne saftige Geldstrafe. Is mir zuviel Schreibkram – bist Du mit 75 DM Strafe einverstanden?” |
Ich: | “Ich hab aber nur 50 DM einstecken” |
Polizist: | “Gib her”! |
Kotflügel und Haube habe ich zurechtgedengelt, Scheinwerfer, Blinker und Grill hatte ich noch vom Schlachter, weiter ging?s.
Ich mag keine roten Autos und ich mochte eigentlich auch keine Sciroccos. Der war mir viel zu prollig. Das waren teilweise ziemliche Spackos, die damals mit sowas durch die Gegend fuhren. Also dachte ich an eine andere Individualisierung, als Spoiler und Sportliches Outfit. Ich war damals beim Bund offiziell als KFZ Elektriker in der KFZ Wartungseinheit der Kaserne in Wunsiedel. In der Nato-Pause fuhr ich den Scirosto in die Waschhalle gab meinen Kameraden einen Eding und bot an, jeder dürfe auf den Wagen schmieren, was er wolle. Falscher Fehler. Der Chef vom KFZ kam mit einer Sprühdose “cremeweiß für Markierungszwecke” in die Halle und lackierte quer über die Haube “Pißfotze” und darunter “anal fatal”. Äh ja. Oder besser gesagt: Äh, nein, so kann ich nicht nach Hause kommen. Also suchte wir alle Sprühdosen im KFZ zusammen und nach der NATO Pause sah der Wagen so aus:
JETZT war das MEIN Scirocco. So habe konnte ich den endlich ohne Tüte überm Kopf fahren. Wir hatten uns aneinander gewöhnt. Auch innen wurde er immer individueller. Am Ende sah das Armaturenbrett so aus – inkl. fixierter Kotztüte auf der Beifahrerseite.
Unter dem ganzen Brimborium im Auto war unter anderem ein kleines Spielzeug: Der “Soundgenerator Kampfstation”
Ein witziger kleiner Kasten. Wen man ihn anstellte, lief ein Lauflicht und hinter jedem Knopf war ein Geräusch. Maschinengewehr, Laserkanone, Bomben… Damit konnte man akustisch seine Verkehrsgegner abschießen. Was ein herrlicher Blödsinn. Genau dieses Teil rettete mich bei einer Polizeikontrolle in München.
Mich zog eine Streife nach einem gewagten Fahrspurwechsel auf dem Mittleren Ring raus und der eine Polizist stellte mich ins Hallo, während der zweite kopfschütteld um den Wagen lief. Der erste Ordnungshüter testete, ob das CB-Funkgerät Polizeifunk empfangen kann und stieß auf den Soundgenerator Kampfstation. Erst fragte er mich, was der Scheiß soll und ich erklärte es ihm. Er rief seinen Kollegen, das müsse er gesehen haben. Ende vom Lied war, daß 2 Polizisten im meinem Auto saßen und alle Sounds mehrfach lauthals lachend durchprobiert haben.
Weiter mit dem Scirocco gehts demnächst im zweiten Teil…
Die Lackierung sieht aus, wie eine Bahnhofsunterführung;)
lustige sache!
http://bakhramov.blogsport.de/
Anal fatal… lange nicht mehr so gelacht beim Blog lesen 🙂 Schön zu lesen, der Schwank aus alten Zeiten.
Allerdings ist mir ein Rätsel wieso du immer bei KFZ Elektrik rumheulst, wenn du beim Bund als KFZ Elektriker deine Stunden abgesessen hast =D
Grüße aus dem Saarland
Nur weil ich als KFZ Eli eingeteilt war, heißt das nicht, daß ich das wirklich ausgeübt hab. Das erste, was ich tun mußte, war bei nem VW Bus Nebelscheinwerfer einbauen. Nachdem ich den Kabelbrand gelöscht hatte, haben sie mich nicht mehr an die Elektrik gelassen… 😉
muahaha… ein echter amokelektriker also. find ich jut ^^.
dit armaturenbrett find ich goil, warum nur ^^
Scheiß ReCaptcha!!!
wo hastn 89 die euros zum bezahlen hergehabt?
hihi…
MOIN,
den Soundgenerator kenne ich auch noch.
Mein Kumpel hatt den in seinem R5 gekoppelt mit einer kleinen Endstufe und einen Lautsprecher unter der Motorhaube.
Herrlich wie man Leute am Zebrastreiben erschrecken konnte…
Hach waren das Zeiten…*schwärm
Gruß
HP
Herrlich, aus einer Zeit als sich tatsächlich noch Rostlauben auf den Straßen bewegt haben. Ein verlorenen Kulturgut.
Liebe Grüße von jemandem der den Namen 25Jahre später unwissentlich wiederbelebt hat.