LowBudgetCar Oktober 2015: Martens Gas-Polo

Ich möchte Euch eine Karre vorstellen, bei der man erst einmal denkt: Verdammt, warum stellt der KLE gerade DIESES Fahrzeug vor. Meine Damen und Herren: Der Polo von Marten:

Bamako Polo 86c

Fast jeder denkt, wenn er diesen 1993er Polo 86c sieht, dass es sich einfach um einen normalen Verbrauchtwagen handelt. Ist es aber nicht. Das ist für mich das Non plus Ultra Auto eines echten Autonerds. Denn jeder Autonerd tickt einfach anders.

Holen wir ein wenig aus. Marten ist der Chef von Bamako Motors. Also nicht der Autor des leider gerade etwas eingeschlafenen Blogs, sondern der Chefmechaniker, der diese fiktive Firma ins Leben gerufen hat. Weltreisender, ab und an ein wirklich knausriger Sparer und eben auf seine ganz spezielle Art ein Autofan. Bei ihm kommen und gehen immer wieder Autos. Mal hat er einen Volvo 240 Kombi, mal einen W124 Diesel, mal einen Käfer, derzeit fährt er BMW, was aber irgendwie immer in seiner Garage steht ist ein Polo 86c. Die anderen Autos bleiben meist nicht lange bei ihm, diesen Polo hat er seit 2011.

Gekauft hat er ihn für 900 Euro mit einem nicht zu übersehendem Streifschaden auf der Beifahrerseite. Kaufargument war sowohl die niedrige Laufleistung von ca. 87.000km und eine LPG Anlage – wir erinnern uns, Marten spart gerne.

Bamako Polo 86c

Marten überpinselte einfach die blanken Stellen und fuhr das Teil einfach. Alles was er zunächst machte, war den Zahnriemen vorsichtshalber zu erneuern. Und er wurde ein wenig individualisiert. Bamako Style.

Bamako Polo 86c

Bamako Polo 86c

Die furchtbar kitschigen Sitze wurden durch Sitze eines verflossenen Polos ersetzt, die Türverkleidungen hat er lackiert – mit irgendeinem Lack, der eben gerade übrig war. Das Lenkrad war ihm zu klein, also hat er irgendein altes VW Lenkrad mit einem 38er Durchmesser reingeschraubt. Von welchem VW das genau ist, ist ihm egal, er mag eben einfach große Lenkräder.

Bamako Polo 86c

Marten sieht viele sehr pragmatisch – und auch praktisch. Der Polo ist ein kleines Auto, aber dadurch, dass er fast immer ohne Beifahrersitz fährt, kann er gut durchladen.

Bamako Polo 86c

Zudem ist jedes unnötige Kilo Ballast und wirkt sich schließlich auf den Verbrauch aus. Wozu Sprit verschwenden?

Eine nachgerüstete Anhängerkupplung hilft bei größeren Transportaufgaben.

Irgendwann gefiel ihm der bunte Look nicht mehr und er ersetzte die zerschossene Tür und den verbeulten Kotflügel durch Teile, die er von vorherigen Polos aufgehoben hatte. Der Wagen wurde wieder komplett weiß. Lackiert mit dem billigsten Baumarktlack, den er auftreiben konnte.

Bamako Polo 86c

Das Seitenteil behielt seine Kampfspuren, denn Spachtel mag Marten überhaupt nicht. Er mag nicht, wenn darunter der Rost wütet und man es erst sieht, wenn der Spachtel wegplatzt.

Der Wagen ist derzeit komplett weiß, nur ein paar wahllos verklebte Aufkleber aus aller Welt sind neben dem Lenkrad die einzigen Spuren der Individualisierung.

Bamako Polo 86c

Bamako Polo 86c

Bamako Polo 86c

Der Wagen ist Laternenparker, wird nicht gewaschen, der Lack blättert inzwischen an einigen Stellen.

Bamako Polo 86c

Teilweise hat der Polo sogar schon Moos angesetzt.

Bamako Polo 86c

Könnte man mal ausbessern bzw. entfernen. Nein. Marten findet das genau so gut. Nun könnte man denken, der Wagen ist einfach zum verbrauchen angeschafft. Nein. Marten will ihn so lange wie möglich genau so erhalten. Der Wagen ist komplett hohlraumkonserviert – und die Konservierung wird regelmäßig erneuert. Sollte er einen Unfall damit haben – sowohl ein Heck, als auch eine Front liegt in selber Wagenfarbe als Reserve im Keller.

Die Frage “Wie kann man nur?” muss hier einfach beantwortet werden mit “Man kann einfach”. Marten mag eben den Polo 86c und mit diesem Exemplar hat er seinen derzeitigen Liebling gefunden. Kein Auto, bei dem man darauf achten muss, ob ein Kratzer drankommt, sondern ein Wagen, in den man schon mal probiert etwas einzuladen, was eigentlich gar nicht reinpassen kann. Keine provozierte Ratte, ein Gebrauchsgegenstand.

Sollte er das rosten anfangen, wird eben wieder weiß drübergepinselt, oder das nächste Teil aus der Polovergangenheit drangeschraubt. Marten hat sogar die zerschossenen Blechteile aufgehoben. Nicht mehr in Originalform, aber ohne Rost.

Inzwischen hat der Polo 130.000km gelaufen, immer noch sehr wenig Gesamtleistung für einen 22 Jahre alten Wagen. Einzige größere Reparatur war einmal die Zylinderkopfdichtung, bei der Marten sogar den Kopf mit planen lassen hat. Und es werden noch viele Kilometer dazukommen. Da bin ich mir sicher. Denn das ist kein Verbrauchtwagen sondern ein Gebrauchsgegenstand in einer besonderen Liebhaberhand.

12 thoughts on “LowBudgetCar Oktober 2015: Martens Gas-Polo

  1. Ein Auto dem Hersteller,der Mode und anderem Schwachsinn zum Trotz einfach elendig lange zu benutzen ist das nachhaltigste und umweltfreundlichste was man überhaupt tun kann.Ich sitze übrigens gerade auf der Arbeit im Pausenraum und der Kollege gegenüber berichtet gerade das sein nagelneuer Kia nun Winterreifen benötigt…die Reifendrucksensoren dazu kosten knapp 500€!!!

  2. Den 86c hatte ich auch, allerdings den Vorgänger, ebenfalls in weiß. Fox-Vollausstattung mit 40 PS. Stadt und Landstraße traumhaft, Autobahn max. 120 lt. Tacho, mehr war unerträglich. Für mich als Selbstschrauber damals herrlich, mit einem Schlüsselsatz, Schraubendreher, Hammer und Werkbank könnte man alles selbst reparieren. Der 86c zeichnete sich durch komplette Abwesenheit von Bling-bling aus. Super, dass diese Fahrzeuge noch erhalten und gebraucht werden!

  3. Das Lenkrad stammt vom ersten 86c, eben jenes Lenkrad hatte ich dort jedenfalls drin und es war original.

    Der 86c war mein erster Wagen und ich hab ihn geliebt (und es gehasst, als ich ihn aufgrund Zeit- und Platzmangel verkaufen musste, er wurde dann vom Käufer leider ausgeschlachtet und verschrottet). 82er Baujahr, ich habe darin alles transportiert, von der Bierzapfanlage über meine Wohnungseinrichtung hin zu mehreren Motorrädern und sogar ein komplettes Motorradgespann habe ich transportiert. Umgebaut hab ich recht viel, am Ende waren statt der ursprünglich 39PS rund 85PS am Start, am meisten Spaß machte jedoch ein 75PS-Motor, zusammen mit einem kurz übersetzten 4-Gang-Getriebe.

    Ich freu mich über jeden 86c, den ich seh’!

  4. Ich hatte ein GT Coupé, erst ein paar Jahre mit den serienmässigen 75PS, dann mit etwas schärferer Nocke und Sorg-Doppelvergaseranlage gepimpt, das hat Laune gemacht, vor allem der Sound. Nachdem mir jemand hinten rein fuhr leider als wirtschaftlichen Totalschaden abgegeben.

  5. Hatte 3 Polo 86c: 83er mit 50 Ps, 91er 1.4l Diesel, beide Steilheck, und zu guter letzt einen 92er Coupe mit 54 Ps.
    Wenn man die 86Cer nur einigermassen wartet, sind die Polo quasi untötbar…….
    Kein KlimBim am Bord, lässt sich günstig und einfach reparieren.
    Durch das geringe Gewicht spritzig zu fahren ;-).
    Am liebsten war mir der Diesel Polo, nicht schnell aber kräftig, Saugdiesel im besten Sinne. Den Wagen mit 260tkm weiterverkauft, Motor und Karosserie waren fit.
    Marten, super Wagen!

  6. Bedingungsloser Verzicht, wenig Investition, lange Nutzungsdauer, das sind die Geschichten, aus denen die längsten Autobeziehungen entstehen….
    Mein 100€-Caddy ist auf dem besten Weg dahin, der Zahnriemen kurz nach Erhalt eine kleine Paralelle, was muss, das muss eben.
    Ansonsten: Glücklichsein. Normale Wartung für billich Geld, so muss das.
    Ansonsten: Don´t waste the waste. Ich steh auf meinen Mülleimer. Ist das Auto, das die meisten Kilometer bekommt.
    So ein 86C ist da auch ein dankbares Opfer, weiter so!

    Und der BMW, wer weiss, wie lang der bleibt. Gab heut so Zwischentöne, als Marten hier war…..

    Also:….

  7. Für mich ist der Polo auf jeden Fall das ideale Alltagsfahrzeug, jedenfalls im Einsatz in der Stadt. Zur Arbeit hin und zurück lege ich jeden Tag damit 45 km im Stadtverkehr zurück. Da fährt kaum ein Auto günstiger. Bei LPG-Preisen von 52 cent/Liter lässt sich der Wagen wirklich noch für 5 Euro/100 km bewegen, selbst wenn man Gas gibt. Na ja, Gas geben ist so eine Sache bei 45 PS.
    Da ich aus alten Polos viele Teile aufgehoben habe, muss ich bei einem Defekt nur ins Regal greifen. Vorausgesetzt, ich finde die Teile in meinem Chaos.
    Reifen in 145/80 13 habe ich ebenfalls mehr als genug. Ich fahre übrigens diese schmale Größe, weil sie im Durchmesser größer als 155/70 13 sind. Den Wagen kann man auf Gas auf der Bahn mit 120 km/h dauerhaft fahren, mit Benzin auch etwas schneller. Über 120 fährt er natürlich nicht gerade gemütlich.
    Der BMW dient momentan als Langstreckenfahrzeug, was natürlich viel bequemer ist. Sollte es aber schneien, wird der Polo auch diese Aufgabe übernehmen. Mit guten Winterreifen zieht er durch den Schnee wie ein Trecker.
    Ich hatte vorher schon mehrere Polos, daher habe ich einen direkten Vergleich: Dieser Polo fährt sich von allen am besten, natürlich einerseits aufgrund der Kilometerleistung und andererseits, weil er nie verbraucht wurde. Er wurde von einer 72-jährigen Frau neu gekauft, danach hat der Neffe den Wagen genutzt, um zur Arbeit zu pendeln. In dem Zuge wurde bei ca. 44.000 km die Gasanlage eingebaut. Nach dem durch den Neffen verursachten Streifschaden habe ich das Auto bei ca. 85.000 km übernommen. Die schon einetragene Schadstoffnorm D3 und ein bereits erneuerter Tank waren weitere Kaufargumente.
    Ich freue mich oft über das einfache Auto. Bei mir soll es der letzte Wagen mit konventionellem Antrieb sein.

    Gruß, Marten

  8. Vielleicht fahre ich dann nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad. Das Fahrrad hat möglicherweise einen zusätzlichen Elektromotor. Das gilt für Deutschland. Und meine Honda Innova, die 2 Liter Sprit verbraucht, gibt es ja auch noch…

    Sollte ich mal irgendwo im Ausland leben, könnte der Polo natürlich auch durch ein anderes Fahrzeug ersetzt werden. Woanders würde ich mir ganz klar einen Toyota zulegen, sofern er dort verbreitet ist.

    Gruß, Marten

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