Das Projekt ColdRod

Das Thema Hot Rod geistert mir schon seit Jahrzehnten durch den Kopf.

Die ersten Hot Rods entstanden in den 40er Jahren in Amerika. Man nahm was billig zu bekommen war. Das waren damals eben Vorkriegsfahrzeuge, ließ aus Gewichtsgründen alles weg, was man nicht zwingend brauchte, baute eine potente, oft frisierte Maschine ein und fuhr damit Rennen.

Es war damals einfach die günstigste Art, ein Rennfahrzeug aufzubauen. Im Laufe der Jahre entwickelten sich verschiedene Arten des Hot Rod Baus. Der Grundgedanke eines billigen Rennwagens trat oft in den Hintergrund. Die Karoserien wurden immer weiter modifiziert. Teilweise, um den Luftwiederstand zu minimieren, teilweise einfach aus optischen Gründen.

Die Stilrichtungen der Hot Rods gehen von minimalistischen Fahrzeugen mit authentischer Technik aus den 40ern bis hin zu komplett aus Neuteilen aufgebauten Fahrzeugen mit stabileren Rahmen, modernster Technik und aufwändig lackierter GFK Karosserie.

Andere legen absichtlich Wert auf eine heruntergekommene, rostige Optik (Rat Rods).

Allen gemein ist die Karosserie eines US Fahrzeugs vor 1949 oder Fahrzeuge mit stilistisch ähnlicher Optik.

Da ich immer im Low Budget, ja teilweise No Budget Bereich schraube, erschien es mir früher unmöglich, einen eigenen Hot Rod zu bauen, denn ein Vorkriegsoldtimer aus Amerika übersteigt schon meine finanziellen Möglichkeiten. Und das wäre nur die Basis.

Mein Denken änderte sich schlagartig, als ich 2004 zum ersten Mal diesen Hot Rod sah (Das gezeigte Foto entstand später):

Dieser Rod basiert auf einem Framo. Framo?

Der Framo V901/2 ist ein Kleintransporter, der 1954 bis 1961 in Frankenberg/Sachsen, also in der damaligen DDR, gebaut wurde. Als Arbeitstier für den harten Einsatz im Arbeiter- und Bauernstaat gebaut, wurde er ursprünglich von einem 24 PS, später 28 PS „starken“ Zweitaktmotor angetrieben. Ein Rennwagen ist das nicht wirklich.

Aber er hat das, was ein Hot Rod braucht. Einen massiven Leiterrahmen, massiver als die meisten amerikanischen Vorkriegsoldtimer, Heckantrieb und die Vorkriegsoptik, auch wenn er bis in die 60er gebaut wurde.

Natürlich sind schon andere auf die Idee gekommen, aus einem Framo einen Hot Rod zu bauen. Wie viel Framo letztendlich übriggeblieben ist, differiert. Einer der ersten war wohl dieser Belgier:

Beim “Amigo Rod” ist nur das Häuschen vom Framo, der Rest Eigenbau.

Das Thema Framo HotRod haben schon einige angegangen. Aber es sind auch viele daran gescheitert. Immer wieder tauchen abgebrochene Projekte bei Kleinanzeigen auf. Da haben sich schon einige überschätzt – ich anfangs auch.

Natürlich will ich nichts nachbauen, was andere schon einmal gebaut haben. Und ich lege keinen gesteigerten Wert darauf, ob die Betrachter den Wagen als “echten” Hot Rod betrachten. “Echte” Hotrodder sind da sehr eigen, was ein Hot Rod ist und was nicht. Meinetwegen bezeichnet ihn als Bastard auf Framo Basis, das ist mir vollkommen egal. Ich baue ein Auto nach meinen Vorstellungen. Konventionen, was “real” ist, haben mich noch nie gestört.

Bauphase 1

Früher war ich etwas unerfahrener, was TÜV Fragen angeht und ein damaliger Bekannter meinte: Bau mal, ist ein Leiterrahmen, da geht fast alles. Da der Ingenieur bei Opel war, vertraute ich naiv darauf, dass das wirklich geht. Fairerweise muss man sagen: Der Typ hat es auch drauf. Er hat mir beispielsweise gezeigt, wie er einen Bremssatteladapter beim TÜV eintragen lässt: mit einer gefühlt 20 Seiten umfassenden Power Point Präsentation mit Berechnungen der auftretenden Kräfte, Materialgütegutachten, was das Material in welcher Stärke abkann etc. – die Skills hat ein normaler Mensch aber eben nicht.

Als ersten Schritt habe ich eine Basis organisiert. Das war 2006.

Mein Framo hatte beim Kauf seine besten Zeiten schon hinter sich – das heißt seine besten Zeiten erst vor sich. Vorderachse verschlissen, Motor fest, die Pritsche verfault, Lenkung unbrauchbar, die Karosserie verrostet. Das ist aber nicht weiter tragisch – vieles davon wird nicht gebraucht. Wichtig war: Der Rahmen war massiv, die wichtigen Teile der Karosserie vorhanden. Und die Rostoptik ist erwünscht.

Mein Konzept war damals: Was wäre, wenn die Hot Rods nicht in Amerika, sondern in Europa entstanden wären? Deshalb wollte ich, soweit möglich, nur Teile von europäischen Fahrzeugen verwenden. Ich nannte das dann EuroHotRod. Wie letztendlich das Fahrzeug aussehen wird, war damals wie heute nicht zu 100% vorgegeben. Sicher ist nur: Es wird ein Rat Rod, Proportionen werden verändert, schon alleine, weil ich mit meinen 2,04m Körpergröße gar keinen Platz im originalen Innenraum habe.

Das Dach wurde beim Dreh für das Sat1 Automagazin abgeflext (Ungefähr ab 2:30):

Erste Idee war: Ford Taunus Technik. Also Taunus Vorderachse und V6 Motor. Also habe ich das gebaut und stellte fest: Das kommt VIEL zu hoch vorne und der Motor ist auch viel zu breit für den Rahmen, so dass der Anschluss für die Kardanwelle zu hoch saß. Zudem war der Motorraum auch nicht lang genug, um noch einen Kühler unterzubringen. So stand der Framo aber das erste Mal auf der Techno Classica 2007.

Das war Bullshit. Also alles noch einmal überdenken.

Bauphase 2

Die zweite Bauphase war dann deutlich extremer. Ich verlängerte die Kotflügel und die Haube. Motor wurde einer aus einem Volvo 240 (B230F, 2,3l, 116PS). Ich änderte den Rahmen vorne und passte eine Kadett B Vorderachse an. Hinterachse stiftete ein Buckelvolvo. Als Heck diente eine Käferfront mit Buckelvolvo Kotflügeln…

Noch nicht fahrfähig stand der Bock dann auf der Automechanika 2014 am Messestand der Bloggerlounge.

Und er war auch das erste Mal in der Presse – bezeichnenderweise in der BILD.

2. öffentlicher Auftritt war die Techno Classica 2015.

Gefiel mir eigentlich ganz gut das Konzept. Aber jedes Mal, wenn ich bei meinem TÜV Prüfer nachfragte, was ich tun müsse, um ihn so über eine Einzelabnahme zu schubsen, winkte er ab. Keine Chance. Und so stand er von 2015-2023 einfach nur bei mir herum. Keine Lust weiterzubauen, wenn es nicht möglich ist, ihn auch zu fahren.

Bauphase 3

2023 gab ein anderer Wagen wieder einmal eine Initialzündung, Ein alter Opel Blitz auf Opel Frontera Fahrgestell.

Der Blitz hat zwar so keinen TÜV, aber ich fing an zu recherchieren, warum nicht. Ich fing also wieder an mit dem TÜV zu diskutieren, was geht und er gab bedingt grünes Licht: Irgendwie bekommen wir das hin, mit einem unveränderten Fahrgestell mit dessen Achsen den Hot Rod doch auf die Straße zu bekommen. Es reut mich mächtig, den bisherigen Rod wieder zu zerlegen, aber als Standzeug taugt er nicht. Und so besorgte ich einen Chevy LUV (baugleich Isuzu KB / Bedford KB) Bj. 1980, der auf einem Schrottplatz stand. Zwar offiziell ein US Car, aber eigentlich ein Japaner.

Auf dieser Basis baue ich den Rod jetzt neu unter Verwendung von Teilen des LUV Häuschens und Teilen meines bisherigen Baus.

Ich profitiere von meinen Erfahrungen der ersten zwei Bauphasen. Es geht nicht von heute auf morgen und ich habe selbst noch keine Ahnung, wie das Endergebnis aussehen wird. Vieles entsteht eben beim Bauen, oder hängt davon ab, was ich nebenbei immer wieder an Teilen organisiert bekomme.

Der Wagen soll jetzt eine Art Lieferwagen werden. Das hat u.a. den Hintergrund, dass eine TÜV Abnahme als LKW mit Aufbauänderung etwas einfacher ist – was aber trotzdem kein Spaziergang wird. Und als Pickup war er ja bereits LKW. Deshalb besorgte ich als Heck einen verrotteten Aufbau eines ehemaligen DDR Feuerwehschlauchanhängers.

Hatte ich das Projekt bisher EuroHotRod genannt, passte das natürlich nicht mehr. Im Brief würde ja jetzt ja Chevrolet als Hersteller stehen. Da die Hecktüren Kühlschranktüren ähneln entstand der neue Name ColdRod. Ich mag auch das Wortspiel, auch weil es ja in den Augen mancher kein “echter” HotRod ist.

Wie er letztendlich aussehen wird, entscheidet sich während des Baus. Ich gestalte sozusagen am Objekt. Manchmal ist es auch davon abhängig, welche Teile ich günstig schießen kann. Und ab und an habe ich auch Ideen im Kopf, die in der Praxis nicht funktionieren. Dann ändere ich es eben so lange, bis es funktioniert – technisch oder optisch.

Die aktuellen Berichte zum Aufbau des Wagens seht Ihr in der Kategorie ColdRod.

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