Die sinnlose Diskusion, ob ein Auto ein „echter“ Oldtimer ist…

Es gibt immer wieder Diskussionen, ob ein Auto nun ein „echter“ Oldtimer ist, oder eben nicht. Ab wann ist ein Auto ein Youngtimer? Ich empfinde diese Diskussionen vollkommen sinnfrei. Weil es einfach jeder anders interpretiert.

Gut, es gibt einen Fakt: Ab einem Alter von 30 Jahren ist ein alt genug, um ihn amtlich zum Oldtimer anerkennen zu lassen, sprich auf H-Kennzeichen anmelden zu dürfen. Manche Versicherungen versichern auch jüngere Autos schon als Klassiker, weil sie der Meinung sind, dass es sich um Liebhaberautos handelt und dementsprechend sorgsam damit umgegangen wird. Aber kennt ihn die Allgemeinheit dann auch also Oldtimer an?

Angeregt wurde das Thema mal wieder in einer Facebook Diskussion, als ein Bild von einem VW Golf 3 gepostet wurde und einer gleich kommentierte: Das ist aber kein Oldtimer!

Fakt ist: Der Golf 3 kam 1991 auf den Markt und es gibt demnach schon einige in dem Alter, ab dem man mit H-Kennzeichen unterwegs sein könnte. Dass man trotzdem relativ wenige mit H-Kennzeichen sieht, liegt daran, dass die Autos, wenn sie einen Euro 2 Benzinmotor haben, in der Steuer meist ohne H-Kennzeichen billiger sind.

Auf dem Papier sind sie Oldtimer – aber sind sie das auch im Kopf?

Ich bin ja der Meinung, das hängt davon ab, wie alt der Betrachter ist. Nehmen wir mal einen 18jährigen Führerscheinneuling an. Wenn der vor einem 30 Jahre altem Auto steht, dann war das Auto bei seiner Geburt schon 12 Jahre alt. Der kennt das gar nicht in neu. Und damit ist für ihn dieses Auto wahnsinnig alt. Ein echter Oldtimer.

Meinen ersten Oldtimer hatte ich mit 20. Meine Fresse war ich damals stolz auf den Wagen. Das war damals der VW 1600TL, der immer noch in der Ecke meiner Werkstatthölle steht aus Sentimentalität.

Auch wenn er GFK Kotflügel hatte, weil schon damals der Vorbesitzer keine mehr aus Blech aufgetrieben hatte: Was war ich stolz einen echten Oldtimer zu haben. Ist ja ein Oldtimer, oder? Wenn man heute drüber nachdenkt: Das Ding war damals ganze 20 Jahre alt. Vergleichbar alte Autos heute wären heute ein Golf 5 oder ein Passat B5 (Typ 3B). Ich würde heute nie und nimmer auf die Idee kommen, einen Golf 5 als Oldtimer zu betrachten. Da ist doch noch ein Rest Neuwagenduft drin, oder?

Ein wenig hinkt der Vergleich, weil der Unterschied zwischen einem 20 Jahre altem Auto zu einem Neuwagen optisch nicht mehr ganz so groß ist, wie damals. Der Unterschied zwischen einem VW Typ 3 und einem Passat 35i, den es damals neu gab, war damals schon krasser. Da lagen sowohl optisch als auch technisch Welten dazwischen. Und auch wenn der Wagen „nur“ 20 Jahre alt war, es gab schon damals im Zubehör kaum noch Teile.

Aber zurück zur eigentlichen Frage: Ist für mich jetzt exemplarisch ein 30 Jahre alter Golf 3 ein Oldtimer? In meinem Kopf nicht, weil ich ausreichend alt war, als es ihn neu im Laden gab. Ich habe ja sogar noch immer im Kopf, dass ja mein Pirat eigentlich „nur“ ein Gebrauchtwagen ist, obwohl der inzwischen 42 Jahre alt ist und schon seit 12 Jahren das H hat. Liegt wahrscheinlich daran, dass mein erster 32B ein Passat war, den mein Vater noch als Neuwagen gekauft hat.

Anders sehen das deutlich jüngere Menschen, die in einem Golf 3 vielleicht darin das Auto sehen, in dem ihr Opa sie zum Kindergarten gefahren hat, oder Familienwagen, mit dem die Familie damals nach Italien gefahren ist, als sie noch klein waren. Die ihren Führerschein mit einem Auto Bj. 2020 gemacht haben und es komplett anarchisch finden, wenn man die Fenster noch per Hand hochkurbeln muss. Wenn ein Auto noch keine Zentralverriegelung hat etc. Ein junger Erwachsender, der gewohnt ist, Musik über Spotify zu hören, ist ein Auto mit Kassettenradio eine echte Zeitkapsel. Wahrscheinlaich haben sie nie eine eigene Musikkassette besessen. Mich hat ein 20jähriger einmal gefragt, ob mein Autoradio Bluetooth hätte. Als ich das verneinte, fragte er völlig verwirrt: „Und wie hörst Du dann bitte Musik?“

Aber auch wenn ich den Golf 3 – immer wieder nur als Beispiel genommen – persönlich nicht als Oldtimer ansehe, so sollten diese „jungen 30jährigen“ trotzdem nicht von Oldtimerveranstaltungen ausgeschlossen werden. Und das aus zwei wirklich wichtigen Gründen:

  1. Noch gibt es genug davon, aber wenn sich jetzt niemand um diese Karren kümmert, fehlt irgendwann eine komplette Fahrzeuggeneration auf der Straße.
  2. Diese Autos interessiert gerade junge Menschen, die am Oldtimerhobby interessiert sind. Die Autos sind noch für überschaubares Geld zu haben und der ideale Einstieg ins Hobby. Wenn man diese jungen Menschen kategorisch ausschließt, hat das Hobby irgendwann keinen Nachwuchs mehr.

Es ist eigentlich scheißegal, ob man ein altes Auto als Oldtimer empfinde, oder nicht. Ob die Grenze nun ab 30 Jahre ist, aber 40, ab 50. Man gibt dem Kind nur einen Namen. Letztendlich freue ich mich über jeden, der ein Auto erhält und ich das im Alltagsverkehr sehen kann. Sowohl aus dem Nachhaltigkeitsgedanken, aber auch, weil es das Straßenbild einfach bunter macht, wenn nicht nur geleaste Fahrzeuge unterwegs sind, die weniger als 10 Jahre alt sind…

14 thoughts on “Die sinnlose Diskusion, ob ein Auto ein „echter“ Oldtimer ist…

  1. Ist ein T4 ein Oldtimer? Ich besitze 3 davon, einen von 92, der wäre vom Alter so weit, ist als LKW aber billiger als als Oldtimer, der 2 ist von 99, das sind auch schon 25 Jahre! Der hätte in 5 Jahren das Zeug zum Oldtimer, gefühlt fährt er sich aber wie ein Neuwagen ( zumindest im Gegensatz zum 92er) und dann ist da noch der Dritte im Bunde, ein 2000er Multivan mit allem drum und Klatsch, da glaubt mir keiner dass der Wagen wbenfalls schon die 20 Lange hinter sich gelassen hat und sowohl an Jahren als auch am Laufleistung seine Kebenszeit nach dem Willen des Herstellers mehr als doppelt überschritten hat…

  2. Sehe ich genauso, allerdings hast du einen kleinen Fehler eingebaut, wir sind im Jahr 2024 und ein Passat 3B wurde 2000 vom 3BG abgelöst, da kam das Facelift. Ich selbst fahre noch den 3B, für mich gibt es kein besseren Wagen, Platz ist ordentlich, bei sehr guter Wendigkeit und übersichtlichkeit. der 1.6er Benziner hat mittlerweile 285.000 Km runter, aber er ist zuverlässig und frisst nicht soviel Öl wie andere es immer erzählen. (Wechselintervall bei mir alle 7000Km, und in der Zeit kippe ich ca 1 Liter nach, andere erzählen mir das sie den Liter auf 1000 Km nachkippen mussten.)

  3. Wann hat man das letzte Mal einen Golf III im Straßenverkehr gesehen? Die Autos sind echt selten geworden (leider auch weil sie rosten). Ich warte noch drauf, bis mein Golf III GT Sondermodell „Otmar Alt“ als Liebhaberauto entdeckt wird.

  4. Sehr schön geschrieben.

    Ich bin mit Baujahr 89 zwar ne deutliche Ecke jünger, das mag sein.
    Allerdings bin ich ebenfalls eher in der AltAutoEcke verwurzelt..auch Familienseitig bedingt. Vattern fuhr noch bis 2004 einen Renault 18 Kombi, der Bruder der bei ner VW-Werkstatt gelernt hatte, hatte als erstes Auto einen Golf 1, und als letztes Auto einen VW Scirocco GT2.
    Mein ältestes Auto bislang war ein Renault R5 Baujahr 89, und aktuell einen VW Polo 2f von 1993…meine Traumwägen würden teilweise aus den 70ern kommen, C-Kadett City zb.

    Von meinen Freunden und auch den Kollegen bei der Arbeit werd ich wegen meiner Schrulligen Karren belächelt, vor allem als ich mit nem Volvo 850 Leichenwagen ankam, den ich leider inzwischen aus diversen Gründen bei Kleinanzeigen stehen hab.
    Fakt ist aber, die Ersatzteile für den Polo zb. gibts nachwievor für Klickerles und ich kanns halbwegs selber machen, während die Leute sonst nurnoch in die Werkstatt rennen können.
    Ich stehe heute auch schon oft genug alsmal da, und wundere mich wo die Zeit hin ist..Nur mal drüber nachgedacht, die ersten Generationen Golf 4, wo ich mich noch an die Markteinführung erinnere, haben auch nur noch 4 Jahre bis sie als Oldtimer gelten.
    Opel Calibra und Opel Tigra, wo ich mich ebenfalls noch erinnern kann, sind heute wiederum schon komplett aus dem Straßenbild verschwunden. Kann man nicht so richtig vergleichen, das eine n Massenauto, das andere als Liebhaberfahrzeuge angelegte Sportler, aber trotzdem…

  5. Also irgendwie hänge ich auch in einer Gedankenschleife, Oldtimer ist doch Vorkrieg bis in die 1960er?
    Fahren gelernt auf Golf3 und 4, wo ist nur die Zeit hin..

    Und zack, mittlerweile bin ich selbst Oldtimer 🙃

    Der Lehrling baut sich gerade einen 3er GTI 16V original auf, die kleine Meisterin einen 2er GL. Jugend voran und gut zureden.

  6. Dem Artikel ist nichts mehr hinzuzufügen. In meinen Augen ist ein Golf 3 (um bei dem Beispiel zu bleiben) ganz klar ein Oldtimer. Bei mir löst der zwar nichts aus, weil ich nie einen Bezug dazu hatte, aber wenn mein Opa sich nur ein Jahr später einen Neuwagen gegönnt hätte, wäre der 3er anstelle eines Golf 2 mein erstes Auto geworden. Und dann hätte ich mit einem Golf 3 meine ersten Urlaubstouren gemacht oder Abends vor der Disco gehangen. Dann hätte ich vermutlich definitiv Emotionen zu so einem Auto. Und darum geht es doch meistens: Dass man irgendwas mit dem Ding verbindet.
    Völlig absurd und in meinen Augen auch sehr arrogant übrigens eine Aussage, die ich vor kurzem zufällig in einem Mercedes-Forum über einen Benz aus den 70ern gelesen habe: „Das ist kein Oldtimer, da ihm die Exklusivität fehlt.“ Leute mit solchen Aussagen können mir gerne gestohlen bleiben.

  7. Jede Generation hatte Autos, die sie bewegt hatte.
    Ich hätte auch kein Problem, wenn irgendwann ein X5 oder ein früher W163 ein historisches Kennzeichen hat, davon fährt auch nur noch ein Bruchteil der damaligen Produktion durch die Welt. Selbst die ersten Golf 5 und Astra H kommen mittlerweile in das Youngtimer-Alter, obwohl es seinerzeit Massenware war. Es wäre anmaßend, diesen Autos die Historie abzusprechen.
    Der Grund warum vermutlich mehr alte Autos als vor 20 oder 30 Jahren durch die Welt fahren liegt aber auch daran, dass sie – entgegen aller Bedenken der kurzen Haltbarkeit – einfach lange halten.

  8. Ich sehs sehr pragmatisch sprich Karren aus den 80ern bzw alles vor 93 (mein Jahrgang lol) sehe ich als Oldtimer an.
    Allerdings sehe ich keinen Mehrwert darin ne Kiste aus den 90er als H zu fahren da es günstiger is ne Youngtimer Versicherung abzuschließen und den normalen Steuersatz zu zahlen. Die meisten Kisten aus der Zeit haben Euro 2 oder D3 da macht es keinen Sinn sich den Oldtimerkram an den Bein zu binden.
    Allerdings schaut es bei Diesel aus der Zeit anders aus vor allem wegen der Willkürlich gewählten Umweltschutzzonen isset eine andere Geschichte da is H Kennzeichen doch sinniger und vorallem günstiger
    Historische Geschichten blende ich da komplett aus da die meisten Autos in der Schiene eh nimmer bezahlbar sind.

    Was Karren ab 2000 angeht schweige ich besser xD

  9. Ja, das ist tatsächlich eine Glaubensfrage. Zunächst mal hast Du vollkommen recht: wenn das Auto 30 Jahre alt ist, dann kann es das „H“ bekommen (vorausgesetzt, der Zustand passt). Somit ist das von der Seite her ja schon mal geklärt.

    Fragst Du nun aber verschieden alte Leute WAS denn nun ein Oldtimer ist, dann bekommst Du ziemlich sicher unterschiedliche Antworten. Für einen heute 70 oder 80 Jahre alten Menschen ist das vielleicht ein Brezelkäfer, ein Ponton oder ein BMW Barockengel. Autos aus deren Jugendzeit eben. Fragst Du hingegen einen 20-Jährigen, dann kann das eine frühe C-Klasse, ein Golf 3 oder BMW E36 sein. Der Rest liegt irgendwo dazwischen.

    Was auch nicht ganz unwichtig ist: wie oft ist ein infrage kommendes Modell noch im Auto-Alltag zu sehen? Manche Fahrzeuge sind vollkommen weg, andere noch recht regelmäßig zu sehen.

    Gehe ich von mir aus (schlappe 55 Jahre alt), dann ist für mich die Beantwortung der Frage nicht so ganz einfach. Das liegt einerseits daran, daß ich – eigentlich schon immer – ziemlich Auto-affin bin, andererseits daran, daß ich viele dieser Autos halt auch noch kenne als sie neu im Laden standen. Mein erstes Auto war ein Citroen CX Bj. 77. Den würde ich durchaus als Oldtimer sehen. Aber mir ist natürlich auch bewusst, daß ein Golf 3 ebenfalls zum Oldtimer gereift ist. Und damit hab ich auch kein Problem. Ich freue mich über jedes alte Auto, welches ich im Alltag sehe. Und noch mehr freue ich mich, wenn dieses Auto von einem jungen Menschen gefahren wird! Genau so haben wir schließlich auch angefangen. Dabei spielt es aus meiner Sicht auch überhaupt keine Rolle, was das jeweilige Auto wert ist. Wer es sich leisten kann, der soll sich gerne einen 911 kaufen. Und wer mit einem Sierra XR4i glücklich ist – perfekt!!

  10. Interessante Diskusion. Früher hätte ich mich mit dem Arsch nicht nach nem 3er Golf umgedreht und erwische mich heute bei einem „Guten“ schon mal mit Daumen hoch, wenn ich einen sehe. Bin selbst 78er und freue mich über jedes Auto älter 90er Baujahre im Straßenverkehr. Kann den >2000er nichts abgewinnen. Aber selbst das kann sich bei mir in 10 Jahren ja auch schon geändert oder angepasst haben.

  11. Der Sohn fährt einen 98er Mondeo, also eine Karre die 7 Jahre älter ist als er: Für ihn ein Old- mindestens aber Youngtimer, für mich ein Neuwagen, wie alles von Ford nach dem ersten Sierra. Ich wurde mit dem 25 Jahre alten P7 vor ~30 Jahren auf einer Oldtimerrallye auch nicht ernst genommen, wo es doch mindestens ein alter Benz, ein Buckelvolvo, 6V Käfer o.ä. sein musste. So wird es immer unterschiedliche Standpunkte geben, wichtig ist aber, wie bereits von der Vor“rednern“ erwähnt, den Nachwuchs so gut es geht zu unterstützen, egal was man selber für eine Einstellung zu einem Fahrzeug hat.

  12. Das Problem der nicht-Akzeptanz von hübschen, interessanten Autos die man als junger Mensch kauft ist nicht neu.
    Wie oft wurde mir, als Fiat-Besitzer, in früheren Jahren gesagt (Auto frisch hergerichtet, entrostet aber kein Neulack…) das dies eine Rostlaube ester Güte sei, die eh nix kostet und 583 Verwandte hätten den gehabt und alle wären völlig unzufrieden mit dieser Sche*sskarre gewesen.
    Irgendwann hat sich dann das Blatt gewendet und es gab dann kein blödes Feedback mehr sondern eher positive Erinnerungen wurden geteilt. Hm.

  13. Diese Diskussion kommt ja nicht nur hier immer wieder auf. Es gibt heute noch eher ältere Menschen, für die nur 50er und Vorkrieg Oldtimer sind. Die sterben naturgemäss langsam weg und keiner will sich um ihre Pretiosen kümmern. Deswegen haben ihre Autos auch kaum noch Wertsteigerungspotential, selbst Buckel, 11cv oder Strich 8 stagnieren mittlerweile oder leiden an Preisverfall. Liegt auch nicht zuletzt daran, das ein Buckel gemessen an einem modernen Auto anstrengend zu fahren ist. Ein 240 oder 740 aber nicht, das ist schon was völlig anderes.
    Mir ist es egal. Ich freu mich mittlerweile schon über einen A2, nicht nur weil wir selbst 2 davon haben und der eine auch schon 24 ist, ne der hat einfach eine normale Breite im Gegensatz zu modernen „Kleinwagen“. Hab letztens in einem EX30 gesessen, ich fahre weiter Altkarren. Egal ob Oldtimer oder nicht, manch einer wird immer unken oder überheblich herabgucken, ich finds gut, wenn sich auch irgendwer für einen Corsa B x begeistern kann.

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